WIE FUNKTIONIERT EIGENTLICH DER STROMMARKT?

Den Strommarkt bilden Energielieferanten für Privat- und Businesskunden (wie Ötzi Strom), Energieerzeuger (wie die Kraftwerksbetreiber) und Energieversorger (wie die Netzbetreiber). Energielieferanten erwerben elektrische Energie für ihre Kundinnen und Kunden, schließen mit diesen Kaufverträge für Strom ab und stellen dann die Stromrechnungen aus. In Italien kaufen Energielieferanten ihren Strom über autorisierte Händler an der vom GME (Gestore die Mercati Energetici) verwalteten Strombörse IPEX (Italian Power Exchange) mit Sitz in Mailand ein. Dort werden die Menge und die Großhandelspreise des einzuspeisenden Stroms täglich nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage festgelegt. Italien ist in sieben Preiszonen aufgeteilt: Norden, Mitte-Norden, Mitte-Süden, Süden, Kalabrien, Sardinien und Sizilien. Darüber hinaus ist der italienische Handelsplatz für Strom über ein Market Coupling mit anderen Märkten wie  Österreich, Frankreich, Slowenien oder Griechenland vernetzt.

Aus den in den italienischen Preiszonen realisierten Preisen wird ein – stündlich fixierter – Mittelwert gebildet: der gesamtstaatliche Einheitspreis PUN (Prezzo Unico Nazionale), den auch Ötzi Strom bei der Rechnungsstellung für den Stromverbrauch in den unterschiedlichen Zeitzonen als Richtwert nutzt. Der PUN ist die entscheidende Orientierungsmarke für alle Transaktionen im Bereich der elektrischen Energie in Italien. Damit ist – wie vom Gesetzgeber gewünscht – ein einheitliches Preisniveau im gesamten Staatsgebiet garantiert. Ein großer Teil des Stroms, der ja nicht wie etwa Holz, Wein, Wasser oder Eisen gelagert werden kann, wird im Day-Ahead-Handel verkauft. In diesem Fall erfolgten die Erzeugung und die Lieferung in einem festgesetzten Zeitfenster am Tag nach der Festsetzung des Preises. Der Grund dafür sind verlässliche Produktions- und Verbrauchsprognosen: So ist der zu erwartete Umfang der Stromproduktion in einem kurzen Zeitraum im Bereich der wetterbedingten Erzeugung erneuerbaren Energien ebenso sehr gut abschätzbar wie der zu erwartende Bedarf.

Auch die Handelspreise für die Verkaufsverträge auf den Terminmärkten stützen sich auf den von den Marktteilnehmern erwarteten Day-Ahead-Preis zum Zeitpunkt der künftigen Stromlieferung. An der Strombörse müssten „grüne“ Produzenten ihre mit erneuerbaren Energieträgern wie Sonne, Wind oder Wasser erzeugte Energie eigentlich zu niedrigeren Preisen anbieten können als konventionelle Kraftwerke, die auf den Import von fossilem Gas, Öl oder Kohle angewiesen sind. Das ist aber – leider – nicht so. An der Strombörse bieten Kraftwerksbetreiber über Zwischenhändler Preisangebote und Liefermengen für bestimmte Zeiträume an. Die Einsatzreihenfolge im Day-Ahead Handel wird vom billigsten Kraftwerk aufsteigend bis zum teuersten Angebot des letzten zur Bedarfsdeckung noch notwendigen Kraftwerks ermittelt.Dieses„Merit-Order“-System orientiert sich an den Grenzkosten, die bei einem Kraftwerk für die jeweils letzte produzierte Megawattstunde anfallen. Öko-Kraftwerke, die – wie Windparks, Wasserkraftwerke oder Solaranlagen – die weitausniedrigsten Stromgestehungskosten aufweisen,führen diese Einsatzreihenfolge an und werden daher als erste zur Einspeisung in das Netz zugelassen. Darauf folgen Kraftwerke mit höheren Grenzkosten – wie etwa Kohle- oder Gaskraftwerke – bis die Tagesnachfrage gedeckt ist.

Das Problem für die Verbraucherinnen und Verbraucher: An den Strombörsen definiert den Market-Clearing-Price (MCP) oder Markträumungspreis immer das letzte Angebot, das einen Zuschlag erhält. Das Kraftwerk mit den teuersten Grenzkosten (Grenzkraftwerk), das ganz hinten in der Einsatzreihenfolge steht, definiert daher den Börsenpreis für alle anderen eingesetzten Kraftwerke. Nutzt das letzte Kraftwerk in der Merit-Order-Rangliste fossiles Importgas, führt das – etwa bei hohen Gaspreisen – automatisch zu einem hohen Großhandelspreis, auch für die Produzenten billiger „grüner“ Energie. In Italien ist das immer der Fall – schließlich arbeiten die meisten konventionellen Kraftwerke hier mit teurem Erdgas.

DAS ENDE VON „KING COAL”

Am 30. September 2024 endete ein langes Kapitel der britischen Energiegeschichte: An diesem Tag  wurde in Rattcliffe-on-Soar in Nottinghamshire das letzte britische Kohlekraftwerk, das 1968 vom staatlichen Central Electricity Generating Board (CEGB) in Betrieb genommen worden war, geschlossen. Ein Rückblick verdeutlicht die Bedeutung dieses Datums: Am 12. Januar 1882 geht in London das erste Kohlekraftwerk der Welt ans Netz. Schon im frühen 18. Jahrhundert fördert das weitgehend entwaldete und dicht bevölkerte Großbritannien, wo Steinkohle Holz als Brennstoff ersetzt und über die Flüsse, ein Kanalnetz und das Meer verschifft wird, 80 Prozent der in Europa verfeuerten Kohle.

Vor 1900 werden in den britischen Kohlerevieren pro Jahr mehr als 200 Millionen Tonnen Kohle abgebaut. 200 Jahre lang ist „King Coal” der Hauptenergieträger im Vereinigten Königreich, dessen Industrialisierung ohne diese Ressource nicht möglich gewesen wäre. Das Tempo des Wandels ist  beeindruckend. Noch 1990 macht Steinkohle 65 Prozent am britischen Strommix aus. 2014 sind es noch 30 Prozent und 2023 beträgt dieser Anteil nur noch ein Prozent.

Gaskraftwerke und Windkraftanlagen und die Kernenergie haben die Kohle als Brennstoff in einer rasanten Entwicklung fast vollständig verdrängt. Noch vor 14 Jahren gab es auf der zwischen dem Atlantik und der Nordsee gelegenen Insel kaum Windkraftanlagen – und 2023 liefert die Windkraft bereits 32,8 Prozent des in Großbritannien erzeugten Stroms (Erdgas: 34,7 Prozent, Bioenergie: 11,6 Prozent, Kernkraft: 13,8 Prozent). Ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor beim Umbau der britischen Energiewirtschaft ist das Finanzierungsinstrument der Contracts for Differences (CfD): so genannte Differenzverträge zwischen einem Stromanbieter und einem Unternehmen, die über einen längeren Zeitraum einen vom Marktpreis unabhängigen Fixpreis garantieren. Innovativ sind die Briten auch auf einem weiteren Feld: Investoren werden auf dem Capacity-Market dafür bezahlt, dass sie ihre Kraftwerkskapazitäten für „Dunkelflauten” vorhalten – Zeiträume, in denen kein Wind weht und auch keine Sonne scheint und erneuerbaren Energien bei der Stromproduktion ausfallen.

Die regierende Labour-Partei verspricht schon eine weitere Energierevolution. Bis zum Jahr 2030 – also schon in sechs Jahren – soll die britische Stromerzeugung ohne Kohle und Gas auskommen. Die bis Juli regierenden Konservativen wollten diesen Wandel bis 2035 vollziehen. Der von Labour vorgelegte Zeitplan ist ambitioniert: Erneuerbare Energien müssten demnach bis 2030 so stark ausgebaut werden, dass sie durchschnittlich zirka 90 Prozent des nachgefragten Stroms erzeugen könnten. Den Rest müssten dann die verbliebenen britischen Kernkraftwerke und die neue Atom-Anlage „Hinkley Point C“ abdecken. Mit seinen großen Offshore-Windparks ist Großbritannien heute die – nach China – zweitgrößte Windkraftnation der Welt. Aber die Gaskraftwerke sind – neben den Atomkraftwerken – immer noch das Rückgrat der britischen Stromversorgung. Deshalb sollen die britischen Windparks in der Nordsee weiter wachsen: Bis 2030 will Großbritannien die Offshore-Windkapazitäten vervierfachen und die Anzahl der Onshore-Windräder verdoppeln.

Allerdings wird auch der Strombedarf auf der Insel stark steigen. So will Labour ab 2030 nur noch Elektroautos neu zulassen. Wenn auch andere Sektoren dekarbonisiert werden, müsste die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien noch sehr viel mehr wachsen. Nach einer Projektion ist mindestens eine Verdoppelung bis 2030 notwendig. Und gleichzeitig müssten die Speicherkapazitäten enorm ausgebaut werden. Rotierende Stabilisatoren und große Batterien sollen die konstant benötigte elektrische Leistung in den britischen Versorgungsgebieten in Zukunft zwar sicherstellen – ob eine derart radikale und mehrgleisige Umstellung des Energiesystems in einer so kurzen Zeit möglich ist, darf aber zumindest bezweifelt werden.

HYBRIDPARKS: WENN SICH WIND UND SONNE ERGÄNZEN

Bei der Erzeugung von nachhaltiger Energie können sich Wind und Sonne sehr gut ergänzen. Schließlich ermöglicht die Kombination von Windenergie und Photovoltaik in so genannten Hybridparks eine dauerhaft stabile Stromeinspeisung, denn die – häufig wettbedingten – Erzeugungskurven der beiden Energieträger ergänzen sich: Im Sommer gibt es weniger Wind und dafür eine höhere Sonneneinstrahlung und im Winter kann der Wind die kürzeren Sonnentage ausgleichen. In vielen europäischen Ländern setzen Stromproduzenten bereits auf die Verbindung von Wind und Sonne: In Rabosera in der spanischen Region Aragon wird eine PV-Anlage ein älteres Windkraftwerk ergänzen und die europäischen Standorte des Finanz- und Technologiekonzerns Bloomberg mit Strom versorgen.

In Rumänien, Holland, Portugal, Litauen, Polen unbd Deutschland produzieren Hybridparks bereits CO2-freien Strom. Ein Beispiel: In der Gemeinde Deining in der bayerischen Oberpflalz hat der Würzburger Solardienstleister Iqony Solar Energy Solutions (Sens) 2023 einen Solar-Wind-Hybridpark fertiggestellt. Mehr als 43.800 Solarmodule stehen an drei Standorten neben dem größten Windpark in Bayern: Deining-Mittersthal (4,0 MWp), Seubersdorf-Batzhausen (15,0 MWp) und Deining-Unterbuchfeld (4,5 MWp). Allein die drei Solarparks sparen jährlich knapp 11.150 Tonnen CO2-Emissionen ein. Durch den neuen Solarpark Mittersthal verläuft ein Mittelspannungskabel, über das der erzeugte Strom der bestehenden Windkraftanlagen und der neuen Solaranlagen zum Umspannwerk transportiert und dort ins Netz eingespeist wird.

In Finnland plant die deutsche VSB-Gruppe (Ventus, Sol, Energia Biologica) ein 450-MW-Hybridprojekt. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Anlage in der Provinz Nordösterbotten ist der Windpark Puutionsaari mit einer Gesamtleistung von 350 MW. Ergänzt wird diese Anlage durch einen Solarpark mit 100 MWp Leistung. Insgesamt wird der Hybridpark 337.500 Vier-Personen-Haushalte mit nachhaltig erzeugtem Strom versorgen. Die Bauarbeiten für das Hybidkraftwerk werden 2025 starten, die voraussichtliche Inbetriebnahme ist für 2028 geplant. In Italien stehen sowohl eine abschließende Bewertung dieser innovativen technischen Option durch die Regulierungsbehörde ARERA wie auch eine Anpassung der langwierigen Genehmigungsverfahren aus – und ohne einen entsprechenden ARERA-Beschluss kann der Netzbetreiber Terna hybride Anlagen nicht an das nationale Stromleitungsnetz anzuschließen.

„GRÜNE“ FERNWÄRME: LUFT STATT BIOMASSE?

Das finnische Energieunternehmen Helen Oy will in Helsinki 30.000 Haushalte mit einer Wärmepumpe beheizen. Die Luft-Wasser-Wärmepumpenanlage für das Heizwerk Patola – die größte der Welt – hat das Unternehmen bei dem von der Volkswagen AG kontrollierten Hersteller MAN Energy Solutions bestellt. Je nach Lufttemperatur wird die Anlage eine Wärmeerzeugungskapazität von 20 bis 33 Megawatt (MW) haben. Angetrieben von Strom aus erneuerbaren Energiequellen kann die Wärmepumpe bei Außentemperaturen von bis zu -20° Celsius betrieben werden. Die Anlage soll in der Heizperiode 2026/2027 in Betrieb gehen.

Eine Wärmepumpe entzieht dem Grundwasser, dem Erdreich oder der Außenluft Wärmeenergie. Diese Energie wird zum Heizen des Innenbereichs oder für das Aufbereiten von Warmwasser genutzt. Für den Wärmetransport kommt ein Kältemittel zum Einsatz. Diese Flüssigkeit erwärmt sich mithilfe der Wärmeenergie aus der Außenluft oder der Erdwärme und verdampft. Durch einen Verdichter wird der Druck und somit die Temperatur erhöht. Der Dampf verflüssigt sich und gibt Wärme an das Heizsystem ab.

Einem Bericht der Internationalen Energieagentur aus dem Jahr 2023 zufolge ist Finnland führend bei der klimafreundlichen Beheizung von Häusern: 41 Prozent der Gebäude sind mit einer Wärmepumpe ausgestattet. Etwa die Hälfte der Energie, die 2021 in Finnland zum Heizen und Kühlen verwendet wird, stammt aus erneuerbaren Quellen, ein Großteil davon aus Biomasse. Helen Oy – der größte finnische Energieverorger – gehört der Stadt Helsinki und will seine Anlagen bis 2030 klimaneutral ausstatten. Dazu investiert das Unternehmen massiv in ein nachhaltiges und modernes Energiesystem und plant bis 2025 sämtliche mit fossilen Brennträgern befeuerte Anlagen mit einer Leistung von mehr als 2000 Megawatt zu ersetzen.

MIT GUTEM BEISPIEL VORAN: DER ENERGIEFACHVERBAND GEODE

Seit mehr als 30 Jahren verteidigt der Dachverband GEODE als „Stimme der lokalen Energieverteiler in Europa” eine „pluralistische Energiewirtschaft”, in der nicht nur große Konzerne vertreten sind, sondern auch Stadtwerke und genossenschaftlich organisierte lokale Energieversorger. Dem 1991 gegründete GEODE-Verbund gehören 85 Betriebe und Verbände in 15 europäischen Ländern an, wie etwa der schwedische Branchenverband Swedenergy mit 400 Mitgliedern, Finnish Energy mit mehr als 300 Mitgliedern, zahlreiche Stadtwerke in Deutschland oder die Wiener Netze GmbH in Österreich. Damit vertritt GEODE die Interessen von zirka 1.400 europäischen Einzelunternehmen, die für 100 Millionen Kunden Energienetze betreiben und Energiedienstleistungen anbieten. Die Verbandszentrale in Brüssel interveniert regelmäßig bei nationalstaatlichen und europäischen Energiebehörden und ermöglicht – im GEODE-Verbund – den Austausch von Fachwissen und den Zugriff auf Energiedaten.

Ein wichtiges aktuelles Thema ist der Ausbau der europäischen Stromnetze und die weitreichenden Vorschläge der EU-Kommission für eine Reform des europäischen Strommarkts mit mehr erneuerbaren Energien, mehr Wettbewerbsfähigkeit und – vor allem – mit neuen Schutzmechanismen für Verbraucherinnen und Verbraucher. 2023 hat die EU einen ambitionierten Aktionsplan für den Netzausbau vorgestellt. Bis 2030 sollen demnach EU-weit 584 Millionen Euro für neue Energienetze bereitgestellt werden – und die GEODE partizipiert aktiv an dieser zukunftsweisenden europäischen Infrastrukturplanung. 2014 ist der Südtiroler Energieverband SEV der GEODE beigetreten. 2022 trafen sich die Führungsspitze und die GEODE-Mitglieder zu ihrer Herbsttagung in Bozen. Auf der Tagesordnung des Treffens stand damals die Präsentation des „Südtiroler Modells‘“ zur dezentralen und bürgernahen Nutzung erneuerbarer Energien und die Vorstellung nachhaltiger Vorzeigeprojekte aus Finnland, Deutschland, und Dänemark sowie Updates zu aktuellen energiepolitischen Vorhaben der EU.

ENERGIEAUFSICHT: WAS MACHT EIGENTLICH ARERA?

Die gesamtstaatliche Regulierungsbehörde für Energienetze und Umwelt (ARERA) wurde 1995 mit der Aufgabe gegründet, die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher zu schützen sowie den Wettbewerb, die Zugänglichkeit von Dienstleistungen, die Effizienz und angemessene Qualitätsstandards bei der Versorgung mit elektrischer Energie zu fördern. Alle in Südtirol tätigen Stromerzeuger, Stromverteiler und Fernwärmebetriebe erhalten regelmäßig Post von der ARERA mit immer neuen Regulierungsvorschriften, die – wie die geplante Zusammenlegung kleiner Netzbetreiber oder die Eingriffe in die Preisgestaltung für Fernwärmelieferungen – häufig umstritten sind.

Die Tätigkeit der Behörde war zunächst auf den Strom- und Erdgassektor beschränkt und wurde später durch regulatorische Befugnisse in den Bereichen Wasserversorgung und Wasserwirtschaft sowie Fernwärme und Abfallmanagement erweitert. Die ARERA arbeitet im Rahmen der von der italienischen Regierung und dem Parlament formulierten allgemeinen politischen Leitlinien und der Verordnungen der Europäischen Union völlig unabhängig und eigenständig. Die finanziellen Ressourcen der ARERA stammen nicht aus dem italienischen Staatshaushalt. Die Regulierungsbehörde greift auf die Beiträge aller Unternehmen, die von ARERA reguliert werden, zurück. Die Zuständigkeiten der ARERA sind vielfältig und reichen von der technischen Qualitätssicherung bei der Versorgung mit elektrischer und thermischer Energie und der Festlegung von Standards im Bereich der Versorgungssicherheit bis zur Überwachung der buchhalterischen Entflechtung von Stromproduzenten und Stromverteilern.

G7-GIPFEL IN APULIEN: KRISENDIPLOMATIE STATT KLIMASCHUTZ

Klimaschutz und Energie? War da was? Die Prioritäten auf dem G7-Gipfel in Apulien lagen angesichts globaler Krisen woanders. Auf der Tagesordnung im Luxusressort Borgo Egnazia standen Russlands Krieg gegen die Ukraine, Gaza und der Nahe Osten, Migrationsfragen, künstlerische Intelligenz, Spannungen im indopazifischen Raum oder Afrika und nachhaltige Entwicklung. Ganz unten im offiziellen Abschlussdokument bekräftigten die G7-Staaten ihre Entschlossenheit, die dreifache globale Krise aus Klimawandel, Umweltverschmutzung und Verlust der biologischen Vielfalt anzugehen. Natürlich sei man weiterhin „fest entschlossen”, den weltweiten Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen. Kurz gesagt: Die Staats- und Regierungschefs wiederholten früher gemachte Aussagen und darunter auch die Bereitschaft, substanzielle Beiträge zu einem erneuerten kollektiven quantifizierten Klimafinanzierungsziel leisten zu wollen.

Der Hintergrund: 2009 beschlossen die Industrieländer in Kopenhagen, ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar für den globalen Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel in Entwicklungsländern zu mobilisieren. Auf der Pariser Klimakonferenz 2015 wurde dieses Ziel bis 2025 verlängert und laut OECD-Berechnung 2022 erstmals erreicht. Für den Zeitraum nach 2025 braucht es jetzt ein neues Klimafinanzierungsziel (New Collective Quantified Goal, NCQG). Die Verhandlungen über diesen globalen Klimafonds, der die 100-Milliarden-US-Dollar-Schwelle übertreffen soll, werden im November 2024 auf der UN-Klimakonferenz (COP29) in Baku im Öl- und Gasförderland Asserbeidschan fortgesetzt.

GO-ZERTIFIKATE ODER„PHYSIKALISCHE” UND „VIRTUELLE” ENERGIE

Herkunftsnachweise oder GO-Zertifikate für den in das Leitungsnetz eingespeisten Strom aus erneuerbaren Energien wurden eingeführt, weil es technisch nicht möglich ist, die mit Wind, Wasser oder Sonne hergestellte elektrische Energie in Verbundnetzen für Endkunden physikalisch direkt zu liefern. Das bedeutet: Wer erneuerbare elektrische Energie in einem weit entfernten Solarkraftwerk einkauft, erhält im technischen Sinn immer den Strom, der im nächstgelegenen Kraftwerk produziert wird – auch wenn dieses mit Kohle oder Gas betrieben wird. Daher wird (grüner) Strom aus erneuerbaren Energien virtuell mit Herkunftsnachweisen vom konventionellen (grauen) Strom getrennt.

„Grauer” und „grüner” Strom können dann getrennt voneinander gehandelt werden. Der Herkunftsnachweis ist ein elektronisches Dokument und funktioniert wie eine Geburtsurkunde. Er bescheinigt, wie und wo Strom aus erneuerbaren Energien produziert wurde (GO = Guarantee of Origin). Gleichzeitig sorgt dieses Dokument dafür, dass erneuerbare Energie nur einmal verkauft werden kann. In Italien stellt der Gestore dei Servizi Energetici (GSE) für jede in das Stromnetz eingespeiste und mit erneuerbaren Energien erzeugte Megawattstunde ein elektronisches Zertifikat aus. Seit dem 1. Januar 2013 sind Herkunftsnachweise das einzige anerkannte Instrument, um die aus erneuerbaren Quellen erzeugte Energie im Energiemix eines Stromverteilers zu zertifizieren.

HIGHWAY ODER LANDSTRASSE: EIN- UND DREIPHASENSYSTEME

Elektrische Energie fließt von einer Stromquelle durch Leiter (Kabel) und Bauteile wie Widerstände und Kondensatoren zu unseren Haushaltsgeräten. Der Hauptunterschied zwischen einem einphasigen und einem dreiphasigen System besteht in der Anzahl der „Straßen” über die der Strom fließen kann: Eine „Straße” im Falle des einphasigen Systems und drei parallele „Straßen” bei einem dreiphasigen Systems. Als Phase (auch Phasenleiter oder Außenleiter genannt) bezeichnet man den stromführenden Leiter, der den Strom aus dem Netz zum Schalter oder zur Steckdose bringt.

Bei einphasigem Wechselstrom wird ein Leitersystem verwendet, das aus einem „heißen“ Draht und einem Nullleiter besteht. Dabei kehrt sich der Strom oder die Spannung periodisch um und fließt in die eine Richtung über den „heißen” Draht, der den Verbraucher mit elektrischer Energie versorgt, und in die andere Richtung über den Nullleiter. Ein dreiphasiges Wechselstromsystem arbeitet nicht mit einem, sondern mit drei stromführenden „heißen” Leitern. Man spricht in diesem Fall von Dreiphasen-Wechselstrom, von Drehstrom oder von Starkstrom. Einer der Vorteile des drei-phasigem Drehstroms ist, dass er fast doppelt so viel Leistung liefert wie ein-phasige Systeme, ohne dass die doppelte Anzahl an Drähten gebraucht wird. Dreiphasen-Wechselstrom (AC) wird daher oft für die Stromversorgung von Rechenzentren und von Gewerbe- und Industriegebäuden verwendet, in denen Maschinen mit hohem Stromverbrauch stehen. Einphasiger Wechselstrom ist in privaten Haushalten der übliche elektrotechnische Standard.

In vielen Ländern gibt es Leistungsgrenzen, bei deren Überschreitung auf ein dreiphasiges System umgestellt werden muss: In Italien liegt die Leistungsgrenze für ein einphasiges System gewöhnlich bei sechs Kilowatt. Die Umstellung von einem Einphasensystem auf ein Dreiphasensystem kann technische Eingriffe wie etwa eine andere Schaltungskonfiguration oder den Einbau neuer leitender Elemente erfordern. In jedem Fall muss die Verkabelung vom Verteilerkasten bis zum Stromzähler von zwei auf vier Drähte erweitert werden und es kann erforderlich sein, den Stromzähler von einphasig auf dreiphasig umzustellen. Für den Übergang von einem einphasigen auf ein dreiphasiges System berechnet der Stromverteiler in der Regel keine Kosten. Sollten dennoch Kosten anfallen, müssen diese in einem Kostenvoranschlag enthalten sein. Die Kosten werden in die Stromrechnung aufgenommen.