Kann Wärme direkt – also ohne Dampf oder Turbinen – elektrische Energie erzeugen? Ein physikalisches Phänomen, über das Wärme direkt in Strom umgewandelt werden kann, weckt derzeit in Europa und den USA ein zunehmendes Interesse. Bisher bestehen die dazu notwendigen thermoelektrischen Module meistens aus dem teuren Halbleiter Wismuttellurid. Mit geringen Wirkungsgraden zwischen drei und acht Prozent werden sie nur bei der Stromversorgung weit abgelegener Siedlungen ohne Netzanschluss oder in Raumsonden eingesetzt. Was aber wäre, wenn man ungenutzte Wärme, die in der Industrie, bei der Gebäudekühlung, in Fahrzeugmotoren oder in geothermischen Anlagen erzeugt wird, als emissionsfreie Energiequelle zur Stromproduktion nutzen könnte?
Die technischen Lösungen zur Stromerzeugung aus Wärme stützen sich auf den so genannten Seebeck-Effekt. Durch diesen entsteht in einem elektrischen Leiter elektrische Spannung, wenn zwischen zwei auseinander liegenden Kontaktpunkten eine Temperaturdifferenz herrscht. Verantwortlich sind Thermodiffusionsströme von Elektronen. Am wärmeren Ende des Moduls haben die Elektronen eine größere Beweglichkeit als am kalten Ende. Weil sie sich dadurch besser verteilen können, nimmt die Elektronendichte im Vergleich zum kalten Ende ab. Wegen dieser ungleichen Verteilung wird eine elektrische Spannung aufgebaut, die so lange hält, bis die Temperaturdifferenz ausgeglichen ist.
In Festkörper-Strukturen aus Silizium wird diese essentielle Temperaturdifferenz allerdings viel zu schnell durch die gute Wärmeleitfähigkeit des Halbleiters ausgeglichen. Daher eignete sich Silizium bisher kaum für den Aufbau von thermoelektrischen Elementen. Bei Nanodrähten aus dem gleichen Material ändert sich dies aber grundlegend. Gitterschwingungen in winzigen Strukturen verhindern, dass die Elektronen die Wärme fast ungehindert transportieren können. Dadurch sinkt die Wärmeleitfähigkeit deutlich. Die Nanodrähte werden dabei fast so effizient wie das thermoelektrische Material Wismuttellurid.
An der Fakultät für Ingeniuerwesen der Universität Pisa haben Forscher Chips entwickelt, die einen Quadratzentimeter klein sind und horizontal verlaufende Nanodrähte aus Silizium tragen. Wenn man mit diesen Chips eine Fläche von einem Quadratmeter bildet und diese der typischen Wärme von industriell genutzten Flüssigkeiten, Motorabgasen oder den Temperaturen geothermischen Bohrungen aussetzt, können diese Miniaturkraftwerke zehn Kilowatt Strom erzeugen – so viel wie eine moderne 40 Quadratmeter große PV-Anlage.
Eine Zukunftstechnologie: Bis thermoelektrische Elemente aus Silizium angewendet werden, um beispielsweise die Abwärme von Kraftwerken in Strom umzuwandeln, werden sicher noch einige Jahre vergehen. Aber sobald effizientere Werkstoffe vorliegen, könnte die Stromgewinnung aus der Wärme der Sonnenstrahlung sogar eine Alternative zu den heute eingesetzten PV-Modulen sein.